Tagungsbericht Rockenhausen 2014

Tagungsbericht Rockenhausen 2014

FachKreis Turmuhren in der DGC
Internationales Turmuhren Symposium · 24. bis 27. April 2014
in D-67806 Rockenhausen in der Nordpfalz

Diese Reise wurde in enger Zusammenarbeit mit unseren Turmuhrenfreunden vom
Museum für Zeit – Pfälzisches Turmuhrenmuseum vorbereitet.

Pfälzisches Turmuhrenmuseum Museum für Zeit
Am Schloss 10, D-67806 Rockenhausen
Telefon: 06361 – 3430, Fax: 06361 – 459 199
www.museum-fuer-zeit.de

Teilnehmerländer: Belgien · Deutschland · England · Italien · Niederlande · Österreich · Schweiz · USA

Einer der idyllischen Plätze in Rockenhausen, die dem kleinen Städtchen ganz besonderen Reiz verschaffen.

Die Deutsche Gesellschaft für Chronometrie e.V. (DGC) wurde 1949 als wissenschaftliche Gesellschaft für Uhrentechnik, Zeitmesskunde und Feinmechanik gegründet. Ziel war, die Forschung und Entwicklung zu fördern. Diese Aufgabe wurde auch erfolgreich wahrgenommen. Im Laufe der Jahre, so ab 1960 verschwand die Uhrenindustrie in Deutschland mehr und mehr. Die Quarz-Uhren aus Japan hielten Einzug und in Europa gingen in der Uhrenproduktion die Lichter aus. Die Mitglieder der DGC kamen nun weniger aus der Industrie, sondern waren überwiegend Uhrensammler und historisch / technisch interessierte Personen. Es formte sich der Kreis „Freunde alter Uhren“ in der DGC. Dieser Kreis hat bis heute Bestand und erfreut sich mit seinen rund 1200 Mitgliedern international höchsten Ansehens. 

Die DGC-Fachbibliothek umfasst über 6100 Titel in mehrheitlich deutscher Sprache und wird stetig erweitert. Sie ist die bedeutendste öffentliche Fachbibliothek zur Zeitmesskunde in Europa. Sitz der Gesellschaft ist Nürnberg. 

In der DGC sind bestimmte Sachgebiete in Fachkreisen zusammengefasst. Eine dieser Gruppen bildet den Fachkreis Turmuhren. Das Ziel in diesem Fachkreis ist es, das Wissen über Turmuhren und damit verbundene Zeitmessung zu vertiefen und bestehende Lücken zu schließen. Der Gedankenaustausch in Wort, 

Schrift und Bild geschieht erfolgreich auf internationaler Ebene. Der Fachkreis ist somit ein Kompetenzzentrum für Literatur, Seminare, Reparieren, Restaurieren, Konservieren, Denkmalschutz, Herkunftsbestimmung und Exkursionen im Zusammenhang mit Turmuhren. Die Gruppe umfasst nahezu 150 korrespondierende Mitglieder innerhalb Europas und den USA. Zum Erfahrungsaustausch und zu Besichtigungen von wichtigen Museen und Objekten der Zeitmessung treffen sich Mitglieder des Fachkreises jährlich im Wechsel in einer Stadt innerhalb Europas. Tagungsorte außerhalb Deutschlands waren Österreich, Schweiz, Niederlande, Belgien und England. Eine Gruppe bereiste auch die USA. 

Für den Fachkreis Turmuhren ist Rockenhausen von ganz besonderer Bedeutung. Am 25. Mai 1990 trafen sich hier in Rockenhausen 50 Turmuhrenfreundinnen und Freunde aus ganz Deutschland im „Pfälzer Hof“. Ganz Deutschland bedeutet, dass auch Freunde aus der damaligen DDR zu den Teilnehmern zählten, die Mauer war am 9. November 1989 gefallen. Die Initiative hatte Knut Deutschle ergriffen, unter dessen Leitung und mit Hilfe der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der „Uhrenstube Rockenhausen“ das Symposium durchgeführt wurde. Anregung gab das Treffen von Turmuhrenfreunden im Oktober 1986 in Gelnhausen, bei Herrn Bernhard Schmidt. Das Ziel des damaligen Gastgebers in Rockenhausen, Knut Deutschle, war es, Turmuhrenfreunde unter ein Dach zu bringen, unter das Dach der DGC; Verbindungen zu schaffen, Themenbereiche anzusprechen und durch Referate zu vertiefen. 

Dieser Aufgabe kommt der Fachkreis nach und hat zwischenzeitlich eine beachtliche Anzahl von Fachliteratur zum Themenkreis Turmuhren veröffentlicht. 2005 fand wieder ein Symposium in Rockenhausen statt, damals kamen 80 Teilnehmer aus sechs Ländern. 

So war es auch im Jahr 2014, wie die Einladung zum 25. Treffen der Mitglieder im Fachkreis Turmuhren nach Rockenhausen ausgesprochen wurde. Mittlerweile waren viele der Mitglieder mehrmalige Besucher des Museums für Zeit in Rockenhausen. Es kamen mehr als 100 Teilnehmer, die Zahl der Anmeldungen war so groß, dass eine Teilnahmebegrenzung ausgesprochen werden musste, die räumlichen Kapazitäten kamen an ihre Grenzen. 

Was zieht die Turmuhrenfreunde nach Rockenhausen?

Turmuhren und deren Umfeld haben in Rockenhausen einen bedeutenden Platz. Es gab hier keinen Turmuhrbauer, aber es gibt einen Mann, der früh den Gedanken hatte, sich mit der Zeit und mit Zeitmessern zu befassen. Besonders haben es ihm die Turmuhren und deren Werke angetan. Das aufspüren, dokumentieren und sie, wenn möglich in ein Museum zu überstellen, damit sie dort eine sichere Bleibe haben, liegt ihm noch heute am Herzen. Sie werden ihn kennen, es ist Knut Deutschle. Er legte den Grundstein zur „Uhrenstube“ und bildete die Basis des heutigen Museums. Wie der Name sagt, „Museum für Zeit – Pfälzisches Turmuhrenmuseum“ lassen die hier gezeigten Objekte Einmaliges erwarten. Mittlerweile in der „dritten Museums Ausbaustufe“ werden hier Gegenstände zur Zeitmessung präsentiert. Dieses Museum unterscheidet sich grundlegend von vielen anderen (An)Sammlungen von Uhren. In Rockenhausen wird die Entwicklung der Zeitmessung deutlich spürbar. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1979 ist alles behutsam gewachsen. Die Philosophie des Museums wird deutlich in den Worten von Knut Deutschle: „Die alten Zeitmesser können, wenn sie interessant dargeboten werden sollen, nicht für sich alleine stehen, sondern müssen im Kontext ihrer geschichtlichen und gesellschaftlichen Entstehung und ihres Gebrauches gezeigt werden.“ Dem Besucher offenbart sich allein schon durch das alte Bauwerk, einem Bauernhof aus dem 18. Jahrhundert, etwas Besonderes. Behutsam restauriert und teilweise, unter Erhalt früherer Bausubstanz erneuert, präsentiert sich das Ensemble wohltuend dem Auge des Betrachters.

Im Innenhof ragt ein harmonisch eingefügter Uhrenturm auf. Es erstaunt den Betrachter, wenn er erfährt, dass dieser Turm erst in den letzten Jahren von Knut Deutschle auf der Basis von pfälzischer Fachwerkkunst entworfen wurde. Die Ausführung in feinster handwerklicher Zimmermannsarbeit erfolgte durch Udo Lang aus Rockenhausen, von ihm stammt auch manch andere Holzkonstruktion im Bereich der Ausstellung. Der Turm ist die Heimstatt einer der modernsten astronomischen Uhren und zeigt auf seinem Außenzifferblatt die täglichen Bewegungen unserer Gestirne und ist somit gleichsam ein Abbild des Himmels. 

Blick in den Innenhof des Museums, mit der Astronomischen Uhr

Den Besucher grüßt nach seinem Eintritt in das Museum ein wirklich monumentales Turmuhrwerk, das ebenso andächtiges Schweigen, wie auch Rufe der Bewunderung auslöst.

Turmuhrwerk aus dem Georgsturm in Speyer, ca. 1800

Schon hier wird deutlich, dass der Betrachter keine Ansammlung von technischen Geräten sieht, die sich dicht gedrängt aneinanderreihen. Es offenbart sich der Name „Museum für Zeit“, eine nachvollziehbare Reise durch die Geschichte der Zeitmessung. Allen voran die Elementaruhren, so werden die Uhren genannt, die zur Messung der Zeit die Elemente nutzen.

Von der Sonnenuhr über die Wasseruhr bis zur Sanduhr reicht diese Entwicklung, die in einem Gewölbe, das aus der Entstehungszeit des heutigen Museumsbaues rührt, eindrucksvoll dargestellt wird. Es sind neben den Sonnenuhren die Wasser- und Sanduhren ebenso wie die Uhren, die sich des Feuers bedienen, also Öl- und Kerzenuhren. 

Die Nachbildung einer Hohlkugelsonnenuhr, diese Form, auch Skaphe genannt, war schon im 3 Jahrhundert vor Chr. bekannt.

Die Sonnenuhren haben einen ganz besonderen Stellenwert. Für den Besucher sehr anschaulich ist der Lauf der Sonne, bezogen auf den Standort des Museums, dargestellt. Im oberen Stockwerk des Museums kann der tägliche Sonnenlauf nachvollzogen werden. Der Strahl der Sonne fällt durch eine kleine Öffnung im Dach auf eine Bodenfläche und wird dort zu bestimmten Tageszeiten über das Jahr hinweg mit Markierungen festgehalten. So nahe an der Realität die Zeit und deren Messung zu erleben ist alleine schon außergewöhnlich. Eine weitere Stufe der Zeitmessung ist der Bereich der astronomischen Messinstrumente. Die Navigation auf See, die Ortsbestimmung des Schiffes, wenn weit und breit kein Land in Sicht ist, mittels eines Gerätes aus dem Mittelalter, dem Jakobstab und der Sanduhr, zur Messung des Höhenwinkels der Sonne oder eines Fixsterns wie des Nord- oder Polarsterns wird auch erlebbar.

Der Entwicklungsschritt der mechanischen Zeitmessung, also der Räderuhren, wird sehr anschaulich dargestellt. Die Spanne reicht von einer geschmiedeten, kleinen gotischen Uhr aus der Zeit um 1500, bis zur elektrischen Zeitmessung. Jede Gruppe der Zeitmesser zeigt sich dem Besucher so, dass er sich in ihren Bann gezogen fühlt und spürt, dass Zeit etwas Besonderes, etwas ganz wichtiges, wenn nicht gar das Wichtigste überhaupt ist oder sein kann. 

Auf diesem Bild wird deutlich, dass Zeit und Raum eine wichtige Symbiose, eine Paarung bilden und die ganz besondere Atmosphäre des Museums ausmachen, eben das „Museum für Zeit“

Aus den Beschriftungen der ausgestellten Objekte erfährt der Betrachter auch etwas über deren Herkunft. Es erfüllt den heimischen Besucher sicher mit Stolz, wenn er liest, dass die gesammelten und vor dem Verfall und/oder der Zerstörung bewahrten Uhrwerke aus seiner Heimat oder der näheren Umgebung kommen. Der Besucher, den der Weg oftmals über Ländergrenzen hinweg nach Rockenhausen führt, ist erstaunt über die handwerklichen Höchstleistungen der Schmiede die Turmuhren herstellten und die später in industriellem Rahmen gefertigten Turmuhrwerke. Da fallen Namen wie Henn aus Odernheim, Schmid aus Annweiler, Möllinger aus Neustadt an der Weinstraße, Seybold aus Landau, Porth aus Speyer, Schiffmann aus Kirchheim-Bolanden. Die Familie Möllinger war eine weitverzweigte Uhrmacherfamilie, Sohn Christian, in Neustadt geboren, wurde Oberhofuhrmacher in Berlin. Die Turmuhrenfabrik Seybold aus Annweiler zeichnete sich durch eine besondere Hemmung im Uhrwerk aus, die heute noch große Bewunderung findet. 

Im Läuteturm in Katzenbach erfüllt noch jetzt ein Turmuhrwerk von dem Meister Philipp Henn aus Odernheim seinen Dienst. Das Ehepaar Schneider pflegt mit viel Hingabe und ehrenamtlich in der dritten Generation das aus dem Jahre 1802 (1809?) stammende Werk. Nur so konnte es bis heute der Gemeinde und den Besuchern voll funktionsfähig erhalten bleiben. Außer dem täglichen Aufwinden der Gewichte gilt es auch „die Uhr zu verstehen“ und zu spüren wo ein Tropfen Öl fehlt oder ein Keil nachgeschlagen werden muss. 

Das Turmuhrwerk im Läuteturm in Katzenbach

In Odernheim, der Heimstatt des Turmuhrbauers Philipp Henn, stehen ebenfalls noch Turmuhrwerke aus seiner Werkstatt. Von umsichtigen Frauen und Männern, die dort Berthold Schmidt und der Ortsbürgermeister Achim Schick im Verein „Odernheimer Geschichte (n)“ um sich geschart haben, werden diese Zeitzeugen sorgsam bewahrt. Die Uhrwerke sollen wieder an ihre ursprünglichen Orte in der Gemeinde am Glan zurückkehren. Mit den Turmuhrwerken von Henn beschäftigt sich zurzeit eine Studiengruppe im Fachkreis Turmuhren. Die bekannten Werke wurden vermessen und katalogisiert. Das Ergebnis dieser Arbeit wird demnächst auch in einer Broschüre „Zeit und Zeichen“ des Fachkreises erscheinen. 

Für Uhrenkenner eine ganz besondere Rarität, die von Henn verwendete „Hemmung“. Sie hat Ähnlichkeit mit der 1727 von Chevalier de Bethune (1692-1767) erdachten Technik.
Das Turmuhrwerk von Philipp Henn aus der evangelischen Kirche in Odernheim

All das zu erleben wäre nicht möglich ohne die tatkräftige Unterstützung der ehrenamtlich und selbstlos tätigen Frauen und Männer der ersten Stunde. Sie fand ihren Anfang in dem kleinen Gebäude am Hofeingang auf der linken Seite, der „Uhrenstube Rockenhausen“ Ihnen sei Dank!

Vor diesem Hintergrund und in dem Bewusstsein, Zeit zu erleben versammelte sich der Fachkreis Turmuhren erneut und sehr gerne in Rockenhausen. Das Museum, in der Verantwortung von Knut Deutschle, hat das Treffen vorbildlich organisiert. Das Museumsteam ermöglichte Sonderöffnungszeiten um die Besucher bis in die späten Abendstunden mit Begeisterung zu empfangen. Unter sehr fachkompetenter Leitung wurden die Gäste durch die Räume geführt, die Exponate gezeigt und Fragen bereitwillig mit viel Sachverstand beantwortet. Es war ein Genuss der besonderen Art, der eine magische Wirkung ausübte und den Abschied schwer machte. 

An den folgenden Exkursionstagen führte der Weg den Fachkreis zu weiteren, vom Museum vorgeschlagenen Zielen, kundiger Reisebegleiter war Herr Günther Höhn, ein sehr engagierter Mitarbeiter des Museums. Mainz war einer der Orte mit besonderen Sehenswürdigkeiten. 

Die Astronomische Uhr von Nicolaus Alexius Johann

Im Dom- und Bischöflichen Diözesanmuseum galt es die berühmte „Weltmaschine“ zu besichtigen. Es ist eine astronomische Uhr, die Nicolaus Alexius Johann, Mitglied des vormaligen Augustiner-Ordens in Mainz, in den Jahren 1796 bis 1804 berechnet und hergestellt hat. Das war ein Erlebnis für die Freunde der astronomischen Uhren im Fachkreis. 

Eines der Zifferblätter mit genauer Zeitanzeige und allen Kalenderdaten
Detail der Himmelskugel
Das astronomische Räderwerk

Herr Herbert Geib, Bauingenieur und leitender Mitarbeiter im Dombauamt Mainz hatte eine weitere Führung im Dom selbst und zu den Türmen organisiert. Wie sich herausstellte ist er aus Rockenhausen und hat die exklusive Besichtigung im Dombereich auch aus Verbundenheit mit dem Museum für Zeit, ermöglicht. Dafür ihm und seinen Helferinnen und Helfern herzlichen Dank.

Vom Turm ein Blick über die Stadt zum Rhein.

Aus luftiger Höhe…

Turmhahn oben – grüßt Markthahn unten.
… zurück auf den Boden.

Ein Gang über den Wochenmarkt mit allerlei Augen- und Gaumenfreuden führte zu dem großartigen Gutenberg Museum. Auch hier sind Vergangenheit und Gegenwart in der vielfältigen Welt des Buchdrucks spürbar und steigern die Achtung vor einem gedruckten Werk.

Dann war die schöne Zeit in Mainz schon vorüber und es wartete ein weiteres und unvergessliches Erlebnis. Kubach-Wilmsen, das Steinskulpturenmuseum mit dem Steinskulpturenpark in Bad Münster am Stein-Ebernburg. Es ist einmalig, was hier in Stein geschaffen wurde, es dürfte weltweit nichts Vergleichbares geben.  

„Steinbuch“, der polierte Buchumschlag umschließt die Buchseiten so naturgetreu, dass der Betrachter geneigt ist, das Buch aufzuschlagen. An der Palette wird deutlich, welche Dimensionen das aus Stein gehauene Kunstwerk hat, sie ist 80 cm breit.

Die Materialien, zum Teil riesige Quader aus allen fünf Erdteilen, sind hier zu Kunstwerken in Form von Büchern, Papierrollen und weiteren „erdverbundenen“ Themen verarbeitet. Die natürliche Vielfalt der Farben der verwendeten Steine überrascht immer aufs Neue, kennen wir diese sonst doch nur von Edelsteinen. Selbst die weitgereisten Symposiums Teilnehmer blieben voller Ehrfurcht vor den bildhauerischen Meisterwerken aus Stein stehen. Dieses Kleinod in der unmittelbaren Nachbarschaft von Rockenhausen zieht Besucher aus der ganzen Welt nach dort. Die Künstlerin, Frau Anna Kubach-Wilmsen, ihr Mann ist leider schon verstorben, begrüßte die Besucher persönlich und erklärte die Skulpturen der ganz besonderen Art. Auch hier herzlichen Dank für die geschenkte Zeit.

Der „Buchturm“, hergestellt aus Steinen von allen fünf Erdteilen, mit 7 m Höhe auf einer Grundfläche von 1,6 x 1,1 m; ein Kunstwerk, dass als Solitär in die Landschaft und zum Himmel ragt. Im Hintergrund der Rotenfels, mit 202 m Höhe die höchste Steilwand zwischen den Alpen und Skandinavien.

Die Fahrt durch das vielfältige und in seiner Schönheit im Sonnenlicht prangende Umland von Rockenhausen, mit den erstklassigen Reisebussen der Firma Jung aus Eßweiler, brachte den Symposiums Teilnehmern auch die herrliche Landschaft nahe. So schön hatten sich viele die Nordpfalz nicht vorgestellt. Der Weg führt nach Meisenheim, mit Besuch der Schlosskirche.  

Ein Kirchenfenster in der Form eines Zifferblattes

Bei einem Rundgang um das Kirchengebäude, eine spätgotische Hallenkirche aus der Zeit um 1479 (Baubeginn), gab es die erste Überraschung. Ein Fenster in der Form eines Zifferblattes ziert eine Seitenwand des Turmes. Sofort wurde nach der dazu gehörenden Uhr gesucht, doch vergeblich. Bei genauer Betrachtung konnte festgestellt werden, dass diesen schön in Stein gearbeiteten Ziffernring wohl nie ein Zeigerpaar geschmückt hat. Das Zentrum der Sprossen im Maßwerk hat keine Bohrung. Auch im Inneren des Turmes gab es keinerlei Anzeichen oder bauliche Gegebenheiten die den Einbau eines Uhrwerkes ermöglicht hätten. Das Rätsel um das Fenster konnte nicht gelöst werden.

Eine private Führung wurde uns durch Herrn Pfarrer Günther Lehnhoff zuteil. Als profunder Kenner „seiner“ Kirche machte er auf die geschichtlichen und architektonischen Besonderheiten der spätgotischen, dreischiffigen Hallenkirche aufmerksam. Unsere Frage nach Sinn und Zweck des besagten Fensters konnte er auch nicht beantworten. Zu den Glanzlichtern zählt neben den Stern- und Netzgewölben sicher die Rokokokanzel, die 1769 von einem Schreiner aus Meisenheim, Johann-Christoph Schmidt und seinen Söhnen, gefertigt wurde. Ein prächtiges Stück Pfälzer Handwerkskunst.

Das Stern- und Netzgewölbe mit freischwebenden Gewölberippen, das ist höchste Bau- und Steinmetzkunst.

Ja, so ist es, wenn einen der Weg nach Rockenhausen führt, es war noch nicht alles gesehen und gesagt, doch es sprengt den Rahmen hier ein Jedes zu würdigen. Besonders zu betonen ist noch, dass die Stadt Rockenhausen das Symposium tatkräftig unterstützte. Da die Hotelkapazität in der Stadt nicht ausreichte, das “Hotel am Schloss“ und der „Pfälzer Hof“ erwiesen sich als zu klein, logierten eine große Zahl der Teilnehmer im “Bastenhaus“. Bedingt durch die räumliche Entfernung wurde ein Bustransfer von dort zum Museum erforderlich. Diese Aufgabe hat die Stadt dankenswerter Weise übernommen und vorbildlich gelöst. Ebenso wurden Dauerparkscheine für den Rognacplatz zur Verfügung gestellt, da die Parkplätze der Hotels nicht den Bedarf decken konnten. Den Abschluss der Tage in Rockenhausen und Umgebung bildete ein festliches Abendessen im „Hotel am Schloss“. Nach einem Sektempfang für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums begrüßte Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald die versammelte Gesellschaft. In launigen Worten stellte er die Stadt Rockenhausen mit ihren Bewohnern und deren sozialem Umfeld vor. Es ist beeindruckend, wie eine kleine, liebenswerte Stadt, die, wie viele andere um ihre Existenz kämpft, diese Herkulesarbeit meistert. Helfen können dabei Besucher aus aller Welt, denn neben dem, mit Verlaub gesagt „Flaggschiff“ Museum für Zeit gibt es noch weitere Kleinode in den Mauern der Stadt. Stellvertretend seien hier nur das Kahnweilerhaus und das Museum Pachen genannt. Was allerdings vermisst wurde, ist ein Ort der Gelegenheit bietet sich zu einer Tasse Kaffee niederzulassen.Zu einem Symposium zählen die wichtigen Fachvorträge, dazu war der Sonntag eingeplant. Referenten aus den Niederlanden, Österreich und Deutschland hielten Vorträge in Wort und Bild über neue Entdeckungen und Besonderheiten im Zusammenhang von Turmuhren und deren Werke. 

Die Erfassung, Restaurierung und der Erhalt von historisch bedeutsamen Turmuhrwerken war ein weiterer Themenbereich. 

Uhrenfreund Walter Brouns, aus den Niederlanden, stellte die Arbeit der dortigen Studiengruppe SOT vor. Die Studiegroep Openbare Tijdaanduiding (öffentliche Zeitanzeige) befasst sich seit Jahren mit dem Thema Turmuhren und besucht Uhren und Uhrwerke in Türmen und Gebäuden, um sie zu katalogisieren und die technischen Details zu erfassen. Diese Aktivität weckt bei den Besitzern der jeweiligen Werke wieder Interesse an ihren Schätzen und so kann und darf manches Werk an seinem angestammten Platz bleiben. Viele dieser Uhren verkünden noch heute die öffentliche Zeit. Aus dem Kontakt mit der SOT, in der auch Mitglieder des Fachkreises Turmuhren mitarbeiten, sind schon gute Forschungsergebnisse und ein reger Erfahrungsaustausch entstanden. Der Vortragstitel lautete “Niederländische Turmuhren“.

Ein seltenes Turmuhrwerk, ein Surrer, aus Kaltenhausen bei Hallein, Österreich

Ein Surrer im Turm. 

Das Werk aus Kaltenhausen, ein Exot in der „Turmuhrenlandschaft“

Das war die Überschrift von Michael Neureiter, aus Österreich, zu seinem Fachvortrag. Ein wiederentdecktes, geschmiedetes Turmuhrwerk, in einer Brauerei gibt viele Rätsel auf. Das Schlagwerk gleicht einem „Surrerwerk“ wie es aus Schwarzwaluhren bekannt ist, doch in einer Turmuhr hat es bis jetzt keiner der Zuhörer gesehen. Die Entstehungszeit könnte das 18. Jahrhundert sein. Vergleichsstücke, allerdings alle ohne „Surrer“ deuten auf diesen Zeitraum hin. Ein interessanter Vortrag mit aufschlussreichen Bildern, der aber das Rätsel um die Herkunft des „Meisters“ nicht klären könnte. Doch Forschung um und mit Turmuhren fordert Geduld und manchmal ist das Ergebnis schneller gefunden als gedacht. Hoffen wir mit Michael, gehen auch ähnlichen Spuren nach und sind gespannt darauf, wie des Rätsels Lösung aussieht.

Der nächste Vortrag führte auch in eine frühe Zeit im Turmuhrenbau. Das Thema war die Pendelaufhängung. Dr. Bernd Mosel aus Münster berichtete über die von Christian Huygens (1629-1695) Mathematiker, Astronom und Physiker aus Holland, erdachte Pendelaufhängung und ihre Anwendung im Bereich der Turmuhren. Diese Technik, die das Pendel isochron, also während seiner Schwingung an allen Punkten zeitgleich machen soll, erregt immer wieder die Gedanken von Uhrenfreunden. Der Vortrag zeigte, dass dieses wohl in der Theorie, aber nicht bei den vorgefundenen Beispielen in der Praxis funktioniert. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Erbauer von Turmuhrwerken von Zykloidenbacken wussten, aber die Wirkungsweise nicht genau kannten. Heute ist die Anwendung dieser Technik nicht mehr gegeben, was nach diesem anschaulichen Vortrag auch verständlich ist.

Eine alte Turmuhr, mit geschmiedetem Werk, stellte Manfred Harig aus Bergisch Gladbach vor. Er hatte dieses Werk in einem sehr desolaten Zustand entdeckt und jetzt in seiner Werkstatt restauriert. Während dieser Arbeit ist eine Dokumentation in der Form eines Filmes entstanden. Die einzelnen Arbeitsschritte, angefangen von der Zerlegung des Werkes, über die Reinigung und Reparatur defekter Teile sind anschaulich dargestellt. Der Filmtitel „Die Wiedergeburt einer sehr frühen Pendeluhr mit Spindelgang “verspricht nicht zu viel, denn am Ende der Arbeit lohnt das gleichmäßige Ticken der Spindelhemmung die Mühe. Dieser Vortrag machte deutlich, wie sehr es notwendig ist, sich mit alten Uhrwerken fachgerecht und kenntnisreich zu beschäftigen. Nur so sind diese Zeitzeugen vor dem Untergang zu bewahren.

An dem nächsten Beitrag von Hans-Peter Kuban aus Stuttgart, mit dem Titel „Die Inseluhr“ wurde wieder deutlich, dass es sich lohnt alte Turmuhrwerke zu schützen. Diese Uhr hatte auf einer Nordseeinsel ihren angestammten Platz verloren. Wind und Wetter setzten dem Turm so zu, dass das Uhrwerk von Jahr zu Jahr immer weiter dem Verfall preisgegeben war. Nur ein genehmigter Ausbau stellte hier eine rettende Lösung dar. Heute, nach mit großem Aufwand verbundenen Arbeitsstunden, funktioniert das Werk wieder und hat eine neue Heimat.“Am 25. Mei 1844, dem Tag vor Pfingsten, morgens um einhalb 11 Uhr“

So lautete der Titel des nächsten Fachvortrags. Unser Gastgeber, Knut Deutschle berichtete über die Arbeit eines Uhrmachermeisters. Auf den Grundlagen eines alten, handschriftlich verfassten Werkstattbuches / Tagebuches aus den Jahren 1838 bis 1867 basierten seine Ausführungen. Der Uhrmacher aus dem Raum Winterburg, Medebach, in Nordhessen hat seine Arbeitsberichte aufgeschrieben. Sie geben Auskunft über seine Arbeit, über die Art der Kosten, über Fehlerquellen bei Uhren, über die wirtschaftliche Situation eines bedeutenden Handwerks, über die Eigentümer der Uhren und für die Uhrenforschung besonders interessant, über die Verbreitung der Sackuhren im mitteleuropäischen Raum. So sind allein in etwas mehr als einem halben Jahr Taschenuhren (Sackuhren) der berühmtesten Uhrmacher, die Geschichte geschrieben haben, in der Hand dieses Uhrmachers gewesen, z. B. Breguet, Paris; Graham London; Berthould; Le Roy und Le Pauthe. Das war ein Einblick in den Alltag eines Uhrmachers, eines Meisters seines Faches, wie er nur selten möglich ist, kein Wunder, dass am Ende des Vortrages andächtiges Schweigen herrschte. 

Ein Fachvortrag hatte bereits am Donnerstag, dem Anreisetag, stattgefunden. André Werner, Uhrmacher aus Augsburg war angereist um in einer mehrstündigen Darbietung die handwerkliche Herstellung von Lagersteinen in der Praxis zu erklären und zu zeigen. Mit einem kleinen Drehstuhl und zahlreichen Werkzeugen entstand vor den Augen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Lochstein aus Rubin. Mit Hilfe von selbst hergestelltem Diamantpulver in verschiedenen Körnungen entstand aus einem Rubinstückchen ein Lochstein. Es wurde die Arbeit so vorgeführt, das deutlich war wie früher, seit ca. 1700, Lochsteine zur Lagerung von Uhrenzapfen in speziellen Werkstätten entstanden. Nun sind Steinlager nicht unbedingt in Turmuhren zu finden, aber das Handwerk der Steinschleifer als solches ist mit der Herstellung von Uhren untrennbar verbunden. Neben Lochsteinen fertigen die Steinschleifer auch Ankerpaletten und Schneidenlager zur Pendelaufhängung. Es war eine sehr informative Vorstellung die einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Eines sei noch erwähnt, in Würdigung seiner großen Verdienste um den Erhalt der Turmuhren, der Veröffentlichung zahlreicher Bücher zum Themenkreis Turmuhren und für das von ihm gegründete Museum für Zeit ehrte der Fachkreis Turmuhren Herrn Knut Deutschle mit einer Urkunde. 

Zudem wurde eine besondere Wanduhr, ein Regulator, als Geschenk überreicht. Diese Uhr, von der es nur noch wenige Exemplare gibt, ist in der Zeit um 1930 hergestellt worden und wird im Minutentakt elektropneumatisch aufgezogen, es ist eine Junghans „Elektronom“ nach einem Patent von Max Fischer aus dem Jahr 1926.

Mit vielen Erinnerungen an Tage voller Erleben verabschiedeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Schweiz, Österreich, den Niederlanden, England und Deutschland und werden sehr gerne zu privaten Visiten wiederkommen.

Knut Deutschle, im Bild rechts, bekommt vom Vorsitzenden des Fachkreises Turmuhren, Ekkehard Koch, die Ehrenurkunde überreicht.
Die Übergabe der Uhr, eine weitere Rarität für das Museum, für die „Abteilung Antriebstechnik“

Dieser Tagungsbericht wurde auch in unserer Broschürenreihe Zeit und Zeichen©, Ausgabe 1/2014, veröffentlicht.