Astronomische Uhren

Astronomische Uhren

Treffen der Freunde Astronomischer Uhren unter dem Dach des FachKreises Turmuhren am 15. – 17. März 2024 in Münster/Westfalen 

Silvio Marugg, Schaffhausen/Schweiz

Von Christian Borck aus dem FachKreis Turmuhren kam die Anregung, sich intensiver mit astronomischen Uhren zu befassen. Die anfängliche Zurückhaltung bei der Umfrage, wer da mitmachen möchte, löste sich dann aber bald auf (20 Interessenten sind es zurzeit), und am 16. März 2024 durfte das Ehepaar Motschmann 16 Personen zu einem ersten eintägigen Symposion in der Fahrrad- und Studentenstadt Münster begrüssen.

Abb. 1: Fahrradstadt Münster, Foto: Silvio Marugg

Erfreulicherweise waren nicht nur DGC-Mitglieder aus dem FachKreis Turmuhren dabei sondern auch Gäste aus Holland und sogar Rumänien, was deutlich zeigt, dass dieses Thema Astronomische Uhren sich nicht nur auf Turmuhren beschränkt.

Das Programm umfasste neben Vorträgen, die die Besichtigung der Astronomischen Uhr im St.-Paulus-Dom vorbereiteten und vertieften, auch Berichte über die Modifikation einer Mannhardt oder das Erscheinungsbild astronomischer Großuhren und mündete in konzeptionelle Überlegungen, wie zukünftig mit dem Thema Astronomische Uhren konzeptionell und organisatorisch umgegangen werden könnte.

Arbeit an der Astronomischen Uhr im St.-Paulus-Dom Münster

Das heutige Zifferblatt wurde zwischen 1540 und 1543 geschaffen. 1930 wurde das Antriebswerk erneuert. Da die Uhr kaum gepflegt und das Werk wohl nie geschmiert wurde, war sie stark verschmutzt und technisch in einem besorgniserregenden Zustand. Eine Restaurierung drängte sich auf, welche auch Schäden an der Bemalung beinhaltete.

Gernot Dürr, Inhaber der Firma Dürr, durfte das Werk restaurieren, und er berichtete uns über diese Arbeiten.

Abb. 2: Gernot Dürr, Foto: Silvio Marugg

Prof. Dr. Günther Oestmann berichtete uns über die Funktion und die ungewöhnliche Darstellung des Astrolabiums. Da die Weltkarte auf der originalen Holzscheibe von 1530 auf dem Astrolabium-Hintergrund (Tympanon) spiegelverkehrt abgebildet ist, läuft das Astrolabium im Gegenuhrzeigersinn, was ungewöhnlich ist. Dank der Röntgenaufnahmen des Zifferblattes konnte auch festgestellt werden, dass das ursprünglich aufgemalte nördliche Astrolabium im 17. Jh. mit einer südlichen Darstellung übermalt wurde.

Abb. 3: Prof. Dr. Günther Oestmann, Foto: Silvio Marugg

Erweiterung einer Mannhardt von 1872 um astronomische Indikationen in Mindelheim 2019

Herbert Schmitt und Christian Borck berichteten anschliessend über die Wiederinbetriebnahme der Mannhardtuhr von 1872, die bis 1972 im Turm der Kirche St. Stephan in Mindelheim lief. Sie ist heute in einem eigens dafür gebauten Gehäuse vor der Kirche untergebracht und wurde zusätzlich um astronomische Indikationen von Herbert Schmitt ergänzt.

Die Idee dazu kam von Wolfgang Vogt, Gründer und Leiter des Schwäbischen Turmuhrenmuseums. Die Konstruktion der astronomischen Anzeigen von Herbert Schmitt wurde von Lehrlingen der Firma Grob-Werke gebaut.

Abb. 4: Uhrenhaus für die Mannhardt von 1872, Foto: Christian Borck
Abb. 5: Mannhardt von 1872, Pendelseite, Foto: Herbert Schmitt
Abb. 6: Zifferblätter (Süd), Foto: Herbert Schmitt
Abb. 7: Zifferblätter (Nord), Foto: Christian Borck

Anschliessend zeigte Lothar Hasselmeyer in seinem Vortrag eine Übersicht astronomischer Uhren, die interessante Unterschiede aufweisen und Fragen aufwerfen:

  1. Warum sind im Norden Deutschlands die Uhren vielfach innerhalb von Gebäuden zu sehen und im Süden eher draussen an Fassaden?
  2. Warum ist bei vielen Ziffernblättern die Ziffer 12 nicht oben wie heute üblich?
  3. Warum ist die Skala der Einstellung des Breitengrades bei diversen Uhren nicht linear eingeteilt?

Besichtigung der Astronomischen Uhr im St.-Paulus-Dom Münster

Am Nachmittag stand die Besichtigung der Astronomischen Uhr auf dem Programm. Es war auch ein Blick hinter die Kulissen auf das Uhrwerk geplant, was uns dann aber leider doch «wegen Unfallgefahr» verwehrt wurde. Schade. 

Abb. 8: Astronomische Uhr im St.-Paulus-Dom Münster, Foto: Bettina Motschmann
Abb. 9: Kalendarium mit Datenring (Ausschnitt), Foto: Bettina Motschmann
Abb. 10: Kalendarium mit Monatsbildern (Ausschnitt), Foto: Bettina Motschmann

Wie weiter?

Zurück im Ausbildungszentrum des Deutschen Roten Kreuzes, wo wir untergebracht waren und unsere Tagung abgehalten haben, stellte Silvio Marugg vier Ziele vor, wie es weitergehen könnte:

Ziel 1: Eine «komplette» Übersicht aller astronomischen Uhren und der Erbauer dieser Werke erstellen.

Ziel 2: Die Geschichte zu astronomischen Uhren zusammenstellen. Wer hat was, wann, wie gebaut?

Ziel 3: Wie baut man eine astronomische Uhr, resp. wie wurden sie gebaut?

Ziel 4: Astronomisches Wissen vermitteln, um astronomische Uhren lesen und verstehen zu können.

Diese vier Ziele wurden rege diskutiert. Es darf angenommen werden, dass eine große Menge an Informationen und Dokumenten zu diesen Zielen bei den Teilnehmern und DGC-Mitgliedern vorhanden ist. Es würde Sinn machen, wenn dieses Wissen zum Beispiel auf der DGC-Webseite zur Verfügung gestellt wird. Die Möglichkeiten hierzu werden in den nächsten Monaten abgeklärt.

Weiteres Vorgehen

Die Teilnehmer sind zum Schluss gekommen, dass man unbedingt am Thema dranbleiben will und ein weiteres solches Treffen am 27. – 30. März 2025 in Esslingen stattfinden soll, wo sich am Rathaus und bei der Firma Festo zwei sehr unterschiedliche astronomische Uhren befinden. 

Je nach Teilnehmerzahl, und hoffentlich weiteren Interessierten an diesem Thema, soll zu gegebener Zeit die Frage geklärt werden, ob es „nur“ eine Untergruppe im FachKreis Turmuhren oder gar einen eigenen Fachkreis geben soll.

Selbstverständlich freuen wir uns fachkreisübergreifend auf jede Person, die an diesem breitgefächerten und sehr spannenden Thema mitmachen möchten. Nehmen Sie ganz einfach mit Jochen Motschmann vom FachKreis Turmuhren Kontakt auf (

Abb. 11: Gruppenbild vor der astronomischen Uhr im St.-Paulus-Dom Münster, Foto: Dan Uza