Schmiede
Wir schmieden ein neues Turmuhrwerk in der Akademie des Handwerks, Schloss Raesfeld im Münsterland.
Mitglieder des FachKreises Turmuhren, darunter auch Freunde aus Österreich, schmieden ein Turmuhrwerk nach historischem Vorbild. Das alte und nicht komplette Werk ist aus der Zeit um 1740.
Im Schloss ist die Akademie des Handwerks des Landes Nordrhein-Westfalen mit ihren vielseitigen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und Werkstätten beheimatet. Nachdem die Jahre 2002 und 2003 der Vorbereitung in der Theorie für die Restaurierung von Turm- und Eisenrädern gewidmet waren, wurde im Laufe der Jahre die im Jahr 2004 begonnene, praktische Arbeit fortgesetzt.
Der Sachstand ist heute so, dass das Gestell der Uhr, für Geh- und Schlagwerk, fertig ist. Von der „Vorbilduhr“ wurden Zeichnungen erstellt und Berechnungen zur Verzahnung der Räder vorgenommen. Die „Vorbilduhr wurde von der ursprünglichen Hemmung, deren genaue Form nicht bekannt ist, umgebaut auf eine heute ebenfalls fehlende Hemmung. Es soll sich um eine Stiftenhemmung gehandelt haben. Nach gründlicher Beratung der Schmiedemannschaft reifte der Entschluss, das „NEUE“ Uhrwerk mit einer Spindelhemmung, mit einem Pendel anzufertigen.
Das neue Uhrwerk entsteht aus altem Eisen, dass dem Schrott entstammt. Der Hintergrund liegt nicht darin, dass es billiger ist, nein, dieses Material, zum Teil aus alten Ankerketten aufbereitet hat einen respektablen Preis. Der Grund ist darin zu suchen, dass altes Eisen, so wie es in alter Hüttentechnik im Puddelofen herhestellt wurde, nur einen geringen Kohlenstoffgehat zwischen 0,3 bis 0,5 % hat. Eisen dieser Qualitätsstufe läßt sich besser schmieden und bei einer Feuerschweißung gibt es gute Verbindungen.
Neben der Arbeit an Esse und Amboss wurde die Vermessung des Turmuhrwerkes vorgenommen und sorgfältig in Zeichnungen übertragen. Diese Arbeit erfordert alleine zwei erfahrene Fachleute während der Seminarzeit. Es ist nicht nur das zu vermessende Turmuhrwerk komplett zu zerlegen, maßlich zu erfassen und wieder zusammenzusetzen. Neben dieser Arbeit sind auch die Arbeitsfortschritte in der Schmiede festzuhalten, Stücklisten zu erstellen und arbeitstechnische Fortschritte und/oder Fehlschläge zu notieren. Fehlschläge gab es einige, es wurde deutlich, dass das aus Schrott recycelte Schmiedeeisen und das aus England bezogene, aus alten Ankerketten gewonnene Schmiedeeisen in seiner Zusammensetzung nicht homogen ist. Oft zeigte sich der „Materialfehler“ erst, wenn das neu gefertigte Teil bereits zu 80% fertig war. Trotz dieser Rückschläge hat sich das Team nicht entmutigen lassen und so entstand einiges erst im dritten Anlauf.
In der Schmiede selbst, an zwei Essen, mit jeweils einem Amboss, arbeiteten im Wechsel 8 Mann. Schwere Schmiedearbeiten wurden an einem Lufthammer ausgeführt, hier wurde aus dem alten Material das jeweils erforderliche neue Profil geschmiedet, ausgezogen. Es entstanden neue Stücke bis zu zwei Meter Länge. Daraus wurden dann in weiteren Schmiedevorgängen die endgültigen Teile gefertigt.
Es entstand das Gestell für das neue Turmuhrwerk Fuß für Fuß, Platine für Platine. Der theoretische Teil, für unsere Arbeit unerlässlich, durfte auch nicht zu kurz kommen. Das Thema war „Ermittlung der Zahnzahl für das fehlende Steigrad/Gangrad und die dazu erforderliche Pendellänge. Wie bereits erwähnt, hatte das nachzubauende Uhrwerk eine Spindelhemmung, die leider fehlt und neu konstruiert werden muss. Nach vielen Seminarwochen und – tagen konnte das Gestell zusammengebaut werden und ist nun fertig. Es ist ein unbeschreibliches Glücksgefühl dieses zu erleben.
Ohne unseren Dozenten, den Schmiedemeister und staatl. gepr. Restaurator im Schmiedehandwerk, Herrn Ralf Meyer aus Lüneburg, wäre die Arbeit nicht soweit fortgeschritten. Wohl verwahrt ruhen nun Gestell, Halbzeuge und Spezialwerkzeuge in Kisten und warten auf das nächste Seminar auf Schloss Raesfeld.
In der Zwischenzeit sind schon Triebe und Räder entstanden, darüber berichten wir später.
Weiterbau der DGC-Schmiedeuhr
5. bis 8. Juli 2023
Während des Symposions in Freiburg (20. – 23. April 2023) hatten wir noch einmal dafür geworben, die seinerzeit (vor mittlerweile nahezu zwanzig Jahren) von Ekkehard Koch initiierte Arbeit an einer kleinen Turmuhr weiter und im Idealfall zu Ende zu führen, und stießen mit diesem Appell zunächst auch auf einige Resonanz, die allerdings abbröckelte, als es um konkrete Termine ging.
Kurz nach dem Tod von Ekkehard Koch übernahm Steffen Willing das Turmuhrwerk, das als Vorbild diente (es ist aus der Zeit um ca. 1740), und das angefangene Uhrwerk und alle Einzelteile, die dafür schon hergestellt worden waren, sowie verschiedene Dokumente wie händische Teilzeichnungen, detaillierte technische Zeichnungen der meisten Komponenten mit vollständigen Bemaßungen, um nur einige zu nennen.
Vom 5. bis 8.Juli trafen wir uns (Martin Stadermann, Christian Borck, Steffen Willing und Jochen Motschmann, alle mit eigener Werkstatt) in der Werkstatt von Steffen Willing in Gräfenhain, um an der Uhr weiterzuarbeiten. Hilfreich bei den anstehenden Arbeiten war, dass Christian Borck bei allen Treffen in der Vergangenheit dabei war und viel zur Historie beitragen konnte (Pläne, CAD-Zeichnungen).
Als erster Schritt wurde das Schlagwerk-Rad, das von Manfred Harig in seiner Werkstatt in Bergisch Gladbach hergestellt worden war, in Augenschein genommen. Da dieses Teil präzise mit Werkzeugmaschinen ausgeführt worden war, war damit die ursprüngliche Idee von Ekkehard Koch aufgegeben worden, eine Turmuhr gemeinsam herzustellen wie im 18. Jahrhundert, also in der Technik der alten Schmiede. Praktischerweise ‚durfte‘ daher mit Hilfe der in der Werkstatt von Steffen Willing zur Verfügung stehenden Dreh- und Bohrmaschinen weitergearbeitet werden.
Als Ergebnis der 4 Tage kann neben dem Fachsimpeln und der Sichtung der Unterlagen aufgelistet werden:
Die Welle und die Walze des Aufzugrades vom Schlagwerk und Teile des dazugehörigen Hufeisen-Gesperrs sind fertig geworden; die Lager für die Aufnahme des ‚Hufeisens‘ sind noch nicht genietet und die Klinke noch nicht eingesetzt; die Feder ist gefertigt, aber noch nicht angezeichnet und angebracht.
Leider fehlte die Zeit, um den Zusammenbau der Teile zu präsentieren, und mehr als das Aufzugrad samt Walze mit Welle sowie das (unvollständige) Hufeisengesperr kamen bei diesem Treffen auch nicht zustande, zumal das Reinfinden in die Arbeit Geduld erforderte.
Während der Arbeiten tauchten etliche Probleme auf, nicht nur die, dass man sich an fremden Maschinen erst einarbeiten muss. Dies sollte bei einer nächsten Zusammenkunft bedacht werden.
Ein besonderer Dank geht an Steffen Willing, dass er der Gruppe die Werkstatt vertrauensvoll überlassen hat und mit Rat und Tat zur Seite stand.
Dass wir zwar ein Stück, aber nur ein kleines, damit vorankamen, war lehrreich und machte nachdenklich.