Tagungsbericht Oxford 2011

Tagungsbericht Oxford 2011

FachKreis Turmuhren in der DGC
Internationales Turmuhren Symposium · 13. bis 17. April 2011
in Oxford, London und Umgebung

Teilnehmerländer: Belgien · Deutschland · England · Niederlande · Österreich · Schweiz

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. So, wie Matthias Claudius schon feststellte, so erging es auch den Mitgliedern im FachKreis Turmuhren im Jahr 2011.

Es war ein lang gehegter Wunsch der Turmuhrenfreunde im F-K-T, einmal nach England zu reisen und dort möglichst Big Ben mit eigenen Augen sehen. Doch England als Reiseziel ist nicht unbedingt eines der preiswertesten. Zudem gilt das Interesse der Mitglieder im F-K-T vornehmlich den Turmuhren. Also nutzten wir unsere Verbindungen zu den Uhrenfreunden in unserem Kreis, die in England wohnen. Nach einer Vorbereitungszeit von zwei Jahren stand England als Reiseziel fest. Ohne tatkräftige Unterstützung unserer langjährigen Freunde, dem Ehepaar Geoffrey und Valerie Sykes, wäre das so nicht möglich gewesen.

Das Wappen des „Queen´s“

Geoffrey ist Mitglied in der Antiquarian Horological Society (AHS) Turret Clock Group, also in einer Gruppe, die wie wir Freunde der Turmuhr sind. Dank seiner guten Beziehungen war es gelungen in Oxford, ca.90 km nordwestlich von London, im Queen´s College für unsere Gruppe Quartier zu bekommen. Ist die Stadt Oxford mit seinen ca., 145.000 Einwohnern, davon ca. 22.000 Studenten, schon ein Erlebnis für sich, dann die Übernachtung in einem College das berühmte „Tüpfelchen auf dem i“. Es waren gerade Semesterferien, so konnten wir die Zimmer der Studentinnen / Studenten bewohnen. Hautnah erlebten wir das besondere Flair eine „Studentenbude“ in Baulichkeiten aus dem 17. Jahrhundert. Alles pikobello sauber, aber doch recht spartanisch und im Winter sicher etwas kalt.

Das College, alle Gebäude auf dem Bild zählen dazu, doch das ist noch nicht alles!

Mittwoch, 13. April:  Die Anreise unserer, wieder internationalen Gruppe aus sechs Ländern, erfolgte sehr unterschiedlich, per Auto/Reisezug oder Flugzeug. Die Flughäfen nahe Oxford sind ca. zwei Stunden Busfahrt entfernt. Aber das stellte keinerlei Probleme dar, die Busse starten am jeweiligen Flughafen, sind gut ausgeschildert und fahren direkt vor das Queen´s College, 40 High Street, Oxford OX1 4AW.

Der Eingang des Queen´s College von der High Street

Natürlich erwarteten wir Hausnummern oder wenigstens ein dezentes Messingschild mit der Aufschrift „Queen´s College“. Weit gefehlt, In Oxford weiß man wer wo ist und wer wo wohnt. Hausnummern oder Hinweistafeln sind unter der Würde der Institute/Colleges. Auf unsere Frage nach den für uns eigentlich üblichen Hinweisen dieser Art erklärte und der Portier sehr höflich, aber bestimmt, das habe es auch um 1700 nicht gegeben, also weshalb dann jetzt?

Queen’s College
Queen’s College
Queen’s College
Queen’s College
Queen’s College

Einige der Gebäude ,die zwei der Innenhöfe umgeben. Die hohen, einfach verglasten
Schiebefenster lassen erahnen, dass es hier im Winter recht frisch ist im Zimmer. Hier wohnten wir.

Das College selbst ist ein wahrhaft ehrwürdiges „Gemäuer“ an dem der Wandel der Zeit weitgehend spurlos vorübergezogen ist. Das 17. Jahrhundert ist in dieser Stadt, mit seinen rund 42 Colleges noch allgegenwärtig. Die Uhren zeigen dort, westlich des Null-Meridian, die Zeit schon um eine Stunde später als bei uns an, doch abgesehen davon, scheinen sie auch in einem anderen Rhythmus zu gehen. Eine altehrwürdige Stadt, die wir von ihrer schönsten „Uhrenseite“ sehen und erleben durften.

Gegen 17:00 Uhr waren alle 89 Teilnehmer des Symposiums glücklich eingetroffen und die Tagung begann im „Memorial Room“ mit einer Einführung in das Programm und der Vorstellung Personen, die uns während der nächsten Tage begleiten sollten. Geoff hatte alles bestens vorbereitet. Chris MacKay, der in Turmuhr-Fachkreisen wohl bekannteste Experte und Buchautor für englische Turmuhren (Turret Clocks), berichtete in einem sehr ausführlichen Vortrag über BIG-Ben. Zu dieser Uhr hatte er zuvor ein neues Buch veröffentlicht. die Universitätsbibliothek hatte dazu eigens eine kleine Präsentation englischsprachiger Literatur zum Thema Uhren im Allgemeinen und speziell über Big Ben vorbereitet. Hier konnte zum wirklichen Sonderpreis eingekauft werden. Es schloss sich eine „Signierstunde“ an. Ein weiterer Gast an diesem Abend war Rupert Griffin. Mr. Griffin ist der offizielle „Turmuhrbeauftragte“ für Oxford und Umgebung. Ohne seine Zustimmung darf an Turmuhren dort nichts verändert, erneuert oder gar entfernt werden. Ruppert ermöglichte uns den Zugang zu Turmuhren in und um Oxford, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugängig sind.   Alle Reiseziele der nächsten Tage in London, Salisbury und Umgebung und in Oxford selbst wurden besprochen. In London, in Hampton Court, sollte uns Keith Scobie Youngs, der Chef der Cumbria Clock Company, erwarten.

Blick in den Speisesaal im Queen´s,wir waren nicht sicher, ob gleich Harry Potter kommt.

So, gut vorbereitet, ging es zum Abendessen. Hier gab es eine weitere Überraschung, von wegen an den Tisch setzen und auf die Eröffnung des Büffets warten. Alle raus aus dem Speisesaal, an der Tür zur Küche in einer Reihe anstellen und dann das Essen in Empfang nehmen. Dann in den Speisesaal zurück und es konnte gegessen werden. Die englische Küche ist nicht jedermanns Geschmack, aber dank einer sehr zuvorkommenden Mitarbeiterin im College konnten wir auf die die Menü Auswahl im Vorwege etwas Einfluss nehmen. Alle Speisen wurden frisch zubereitet und jeder war zufrieden. Mit dem Essen beschäftigt und in nachbarliche Gespräche vertieft, merkten wir nicht, dass sich leise und unauffällig die Tür vom Speisesaal zur Küche mit dem Büfett geschlossen hatte. Wer noch einen „Nachschlag“ wollte, traute seinen Augen nicht, wo ist die Tür geblieben? In die hölzerne Wandvertäfelung eingearbeitet war die Tür auf den ersten Blick nicht leicht zu erkennen, nun war sie zu. Die Essenszeiten sind sehr streng geregelt, auf die Minute genau am Tisch sitzen, essen und dann gehen. Eine längere Verweildauer ist hier nicht üblich, dafür gibt es die Bar. Im Kreuzgang zum Innenhof war für uns die College-Bar geöffnet und es kam zu einem fröhlichen Nachtrunk. Die Wiedersehensfreude der Teilnehmer kannte nahezu keine Grenzen und mit guten Gesprächen bei Wein und Bier wurde es für einige eine lange Nacht.
 
Donnerstag, 14. April
7:30 Uhr Frühstück im College, der „Essensempfang“ geschah wieder in der gleichen Art wie am Vortag, und das sollte so bleiben. Mit Nachschlag hatten wir nun Erfahrung und kamen voll zu unserem Recht. Die Speisefolge war üppig und eigentlich so, dass man das Mittagessen, den Lunch, hätte gut ausfallen lassen können. Das untenstehende Bild spricht für sich!

Frühstück – Breakfast

8:15 Uhr fuhren wir mit zwei Bussen nach London. Oxford ist für Kraftfahrzeuge, die keine öffentlichen Busse sind, gesperrt. Unsere Busse hielten vor dem Queen´s und hatten eine Sondergenehmigung für 15 Minuten. Wir haben zwei Busse und reisen in zwei Gruppen, „A“ und „B“, zunächst fahren alle in Richtung London, jede Gruppe hatte das gleiche Besichtigungsprogramm, nur zeitlich versetzt. Die Ziele waren für Gruppe „A“ Hampton Court Palace (London), und Gruppe „B“ Science Museum (London).

Gruppe „A“ erreichte Hampton Court Palace gegen 10:00 Uhr. Hampton Court Palace ist ein sehr geschichtsträchtiges Schloss südwestlich von London, am Ufer der Themse. König Heinrich VIII lebte hier.

Der Eingang von Hampton Court, oben das einfache Zifferblatt der astronomischen Uhr
Keith Scobie Young

Geoffrey hat mit Keith Scobie-Youngs, vereinbart, dass wir dort eine ganz besondere Turmuhr besichtigen können. Diese seltene astronomische Uhr, 1540 für den König konstruiert, ist eine der bedeutendsten spätmittelalterlichen Uhren in Europa. Keith hatte für uns eine Sondergenehmigung erhalten, schon vor Reiseantritt mussten wir unsere genauen Personalien angeben um die Zugangsberechtigung zu bekommen.